Actionspiel Watch Dogs: Aiden
Watch Dogs: Hauptfigur Aiden nimmt das Gesetz selbst in die Hand.
Foto: Ubisoft

Testvideo

Watch Dogs: Testvideo zum GTA-Herausforderer

Wer muss für den blutigen Tod seiner Nichte Lena Pearce büßen? Diese Frage treibt Ihre Spielfigur Aiden durch den etwa 20- bis 25-stündigen Hauptstrang von „Watch Dogs“. Auf dem Weg zur Antwort lässt sich Aiden dabei auf Konfrontationen mit Gang-Bossen, Kartellen und natürlich dem allgegenwärtigen ctOS ein. Die Überwachungssoftware ctOS wirft auf die ganze Stadt ihr wachendes Auge. Sie gaukelt den Bürgern von Chicago Sicherheit vor, spioniert sie aber nach Strich und Faden aus – da kann nichts Intimes zu privat sein.

Ihre Spielfigur gehört dabei zu einem kleinen Kreis von Hackern, die sich das Netzwerk zunutze machen, um ihre eigenen Ziele zu verfolgen. So hacken Sie Sicherheitskameras, versperren Türen, belauschen Telefonate oder dringen in Hochsicherheitsanlagen ein. Dabei ist dem Rächer kein Mittel untersagt: Gelangen Sie nicht mit Raffinesse an Ihr Ziel, gibt es kein Problem, das ein geladener Granatwerfer nicht lösen könnte.

Es macht aber am meisten Spaß, mit einem überlegenen Plan ans Ziel zu kommen: Statt selber allzu tief ins Geschehen zu steigen, können Sie auch mit der richtigen Kameraperspektive aus der Distanz Ihr Ziel ausmachen und hacken. Sollte Körpereinsatz erforderlich sein, schaffen Sie mit einem gehackten Radio oder Ähnlichem die richtige Ablenkung, um sich an Widersachern vorbeizuschleichen.

Träge Steuerung


Wie in der Vorschau-Version steht Ihnen aber auch jetzt noch die Steuerung im Weg: Jede Bewegung am Analogstick überträgt das Spiel mit einer spürbaren Verzögerung ins Geschehen. Zumindest in Feuergefechten hilft Ihnen die Zeitlupenfunktion, grobe Schnitzer auszubügeln und mit ein wenig Ruhe gezielte Schüsse zu platzieren. Anders sieht das im Straßenverkehr aus: Die Verzögerung sorgt dafür, dass Sie anfänglich häufig übersteuern und in der Leitplanke landen. Gekonnt zwischen zwei Autos schlüpfen, während von hinten die Polizei anrauscht, gleicht einem Drahtseilakt. Schade, denn die Fahrzeuge fühlen sich ansonsten toll an: Sie merken hinter dem Steuer auf Anhieb, Gewicht, Geschwindkeit und dergleichen einzuschätzen und spüren ebenso deutlich den Unterschied zwischen Front- und Heckantrieb.

Geschichte ohne Überraschungen


Die Handlung fokussiert sich auf einen recht kleinen Figurenkader, den Sie kaum kennenlernen. Da verschenkt der Titel viel Potenzial, Beziehungen aufzubauen und der Story Gewicht zu verleihen. Die wenigen Wendungen im Spiel sind vorhersehbar und es fehlt ihnen jede emotionale Wirkung. Obendrein entwickelt sich die Hauptfigur keinen Millimeter weiter: Von Anfang bis Ende bleibt Aiden der getriebene Rächer seiner Nichte. Ohne Rücksicht auf Verluste wütet er durch die Stadt, um die Drahtzieher zu finden und sie letztlich einen nach dem anderen auszulöschen.

Wollen Sie ein wenig mehr über die Nebencharaktere erfahren, schauen Sie sich die Sammelmissionen an: So lernen Sie zum Beispiel beim Zusammenpuzzeln von QR-Codes in der Stadt mehr über den gegnerischen Hacker Defalt und die Hackerorganisation DedSec.
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Sammelwahn


Wie in „Assassin‘s Creed“ aktivieren Sie spezielle Türme, um auf der Karte sämtliche Nebenaktivitäten in Reichweite anzeigen zu lassen. Dabei kann es sich um Sammelgegenstände, Missionen oder Minispiele handeln. Von allen Arten stehen etwa eine Handvoll unterschiedliche zur Verfügung, die ganz verschiedene Fähigkeiten fordern: In Fixer-Missionen beweisen Sie Ihr Können am Lenkrad, bei Schach-Problemen glühen Ihre Synapsen und beim Entdecken von Hinweisen auf einen Serienmörder helfen nur Adleraugen. Probierfreudige erhalten für jede neue Aufgabe eine kleine Belohnung. Bleiben Sie länger dabei, winken deutliche Verbesserungen, Kostüme oder Trophäen.

Der Titel überhäuft Sie geradezu mit Nebenattraktionen. Denn neben diese festen Aufgaben reihen sich auch noch zufällig generierte Verbrechen, die jederzeit am rechten Bildschirmrand aufploppen. Gehen Sie denen nach und stellen Sie die Bösewichte ohne große Kollateralschäden, winkt ein ganz eigener Bonus: ein besserer Ruf. Nehmen die Bewohner von Chicago Sie als Rächer der Entehrten wahr, ist die Wahrscheinlichkeit geringer, dass die Ihnen Fehltritte übelnehmen. So zücken Sie auch schon mal unbehelligt auf einer belebten Kreuzung Ihre Schrotflinte, um sich eines Widersachers zu entledigen, ohne dass Ihnen Passanten gleich die gesamte Polizei des Bezirks auf den Hals hetzen.
Actionspiel Watch Dogs: Quinn
Der zwielichtige Lucky Quinn im Zwiegespräch mit Aiden.
Foto: Ubisoft
Zusammenfassend: In „Watch Dogs“ drängt sich das Randgeschehen ständig und vehement in den Vordergrund und bietet dabei angenehme Abwechslung zur sehr ernsten Haupthandlung. Oder wie würden Sie es bewerten, wenn Sie in den Digital Trips als Spinnenpanzer Häuser hochklettern oder in einer anderen Variante von buntesten Regenbogenfarben umgeben von einer Mammutblume zur nächsten Riesenpflanze springen, um den Highscore zu knacken?



Nahtloser Übergang


Am rechten Bildschirmrand tauchen aber nicht nur Zufallsmissionen auf, sondern auch Anfragen für den Mehrspieler-Modus. Einen simplen Knopfdruck später befinden Sie sich bereits in einer Partie. Genauso schnell verschwinden Sie auch wieder aus einem Match und laufen erneut in Ihrer Spielwelt umher. Dadurch fügen sich Mehrspieler-Scharmützel besser in den Spieler-Alltag ein als in anderen Titeln, wo Sie erst ins Hauptmenü wechseln oder andere Fenster aufrufen müssen. Und so verzeiht man dem Titel auch eher, dass diese Modi sich wie die Minispiele aus der Oberwelt anfühlen und nicht wie vollwertige Mehrspieler-Kost wie in einem „Battlefield“, „Grand Theft Auto Online“ oder „Midnight Club LA“.
Actionspiel Watch Dogs: Bedbug
Beim Hacking kommt es darauf an, sich unauffällig zu verhalten und außer Sichtweite zu bleiben.
Foto: Ubisoft

Trumpf ist 1 gegen 1


Insgesamt wartet Ubisoft mit sechs Modi für Online-Revolverhelden auf: Hacking, Beschattung, Entschlüsselung, Freies Spiel, Rennen und ein Sondermodus, in dem ein Spieler am Tablet-PC zockt. In Hacken und Beschatten treten zwei Spieler direkt gegeneinander an. Es geht darum, in der Nähe seines Gegners zu bleiben, ohne von ihm identifiziert zu werden. Das Katz-und-Maus-Spiel passt thematisch sehr gut in den Spielablauf und bietet eine ganz eigene Herausforderung: Wie im Indie-Spiel „Spy Party“ versuchen Sie, sich wie eine Nebenfigur zu verhalten und bloß nicht aufzufallen. Misslingt der Versuch, können Sie zumindest einige Punkte retten, wenn Sie sich aus dem Staub machen, bevor Ihr Kontrahent Sie mit einer Salve aus der Maschinenpistole eindecken kann.

Chaos entschlüsselt


Entweder treten die drei bis acht Spieler im Entschlüsselungs-Modus Jeder-gegen-Jeden oder in zwei Teams gegeneinander an. Ziel ist es, ein Datenpaket zu öffnen. Dabei gilt nicht, wer am meisten dazu beigetragen hat, sondern wer es bei 100 Prozent in Händen hält. Ihren Mitspielern jagen Sie das Teil ab, indem Sie sich in der Nähe das Trägers aufhalten oder ihn kurzerhand um die Ecke bringen.

In der Team-Variante macht diese Spielart mehr Spaß, weil sich das Chaos auf einigermaßen geordneten Bahnen abspielt und Team-Spiel deutlich belohnt wird. Während in der Free-for-All-Variante kein Augen trocken bleibt: Der Blechschrott stapelt sich und Explosionen bearbeiten das Trommelfell. Hier bestimmen die Karten deutlich das Tempo: In Stadtgebieten verlagert sich das Geschehen hinters Lenkrad, während auf dem Industriehof die Waffen das Sprechen übernehmen.


Quietschende Reifen


Mit Nitro-Beschleunigung starten Sie in die Kontrollpunkt-Rennen quer durch die Stadt. Sie wuseln sich gegen maximal sieben Kontrahenten durch den laufenden Verkehr und versuchen, Hindernissen auszuweichen und den Widersachern mit Ihrem Hacking-Werkzeug Steine in den Weg zu legen.

Fazit: Watch Dogs


Das Hacker-Open-World-Spiel macht dem Genre-Primus „Grand Theft Auto 5“ keine Konkurrenz. Im Vergleich bleiben die Charaktere bis zum Schluss zu dünn und die Handlung zu vorhersehbar. Das Spiel macht mit purem Umfang aber einiges wett: Wenn Sie sich auf die interessanten Ablenkungen einlassen, fesselt Sie der Titel lange vor den Bildschirm – ob es sich dabei um ein handfestes Trink-Minispiel, die Suche nach verschlüsselten Wegwerf-Handys oder einen waffenverstärkten Abraster im Mehrspieler-Modus handelt.

Erscheinungstermin „Watch Dogs“: 27. Mai 2014 für PC, PS4, PS3, Xbox One und Xbox 360. Die Wii-U-Version folgt zu einem späteren Zeitpunkt.